Hoffen auf ein Spenderorgan: Zwischen persönlicher Erfahrung und medizinischer Realität

Shownotes

Stell Dir vor, Du bis Mitte zwanzig und von jetzt auf gleich arbeiten deine Nieren nicht mehr richtig. Keine schöne Vorstellung, für Sophie Schober aber wurde das Realität. Gut vier Jahre vergingen vom ersten Nierenversagen bis hin zur Transplantation. Dabei hatte Sophie, die in dieser Folge zu Gast ist, noch Glück: Denn sie bekam eine Niere von ihrem Vater. Und um genau diese sogenannte Lebendnierenspende geht es in dieser Folge. Neben Sophie ist auch Prof. Stefan Reuter für die medizinische Einordnung dabei. Er ist leitender Oberarzt der Transplantationsnephrologie am UKM und stellvertretender Leiter des Deutschen Lebendspendenregisters.

Wer kommt für eine Lebendnierenspende infrage? Welche Risiken und Chancen bringt sie mit sich? Und warum gibt es in Deutschland insgesamt weniger Spenderorgane als in anderen Ländern? Antworten auf diese Fragen gibt’s in der aktuellen Podcast-Folge. Dort könnt Ihr auch noch mehr über Sophie Schober und die Organspende erfahren. Denn ihre Geschichte ist Teil unserer großen Informationswoche rund um das Thema Organspende. Zur Website: ukm-organspende.de

Ihr habt Anmerkungen, Fragen oder Themenvorschläge für unsere nächsten Folgen? Dann schreibt uns eine Mail an podcast@ukmuenster.de oder auf unseren Social-Media-Kanälen (@ukmuenster).

Weiterführende Informationen zum Thema Organ- und Lebendspende:

Transkript anzeigen

00:00:00: Es war dann schon erst mal sehr hart, damit klarzukommen.

00:00:04: Dann war ich ja auch erst Mitte 20

00:00:06: und irgendwie das Organversagen für viele erst mal was ältere Leute trifft.

00:00:10: Und ich hab dann die Möglichkeit der Transplantation

00:00:13: eher so als Chance auf Widerbesserung empfunden.

00:00:16: Die Menschen sind bereit, gewisse Risiken einzugehen,

00:00:19: weil eben nicht nach zwei Jahren ein Organ zur Verfügung steht,

00:00:23: wie mein Ding in unseren Nachbarländern zum Teil,

00:00:26: sondern hier zehn Jahre gewartet werden muss.

00:00:29: Und diese zehn Jahre, die bedeuten ja rapiden körperlichen Verfall.

00:00:33: Hallo zusammen.

00:00:42: Beim letzten Mal zum Thema Lip Odem saß,

00:00:44: fehl ja hier alleine am Mikro.

00:00:46: Also nicht ganz alleine natürlich,

00:00:48: sondern mit unserer Patientin Anna Lena

00:00:50: und Professor Tobias Hirsch als Experte.

00:00:53: Heute tauschen wir die Rollen und ich sitze hier alleine.

00:00:56: Natürlich wieder nicht ganz alleine, wie ihr schon ahnt.

00:00:59: Am nächsten Samstag, das ist der 7. Juni,

00:01:02: ist Tag der Organspende in Deutschland.

00:01:04: Den gibt es jedes Jahr, Anfang Juni und wir, die Uniklinik Münster,

00:01:08: nehmen das in diesem Jahr zum Anders aus dieser Woche

00:01:11: eine ganze Themenwoche zum Thema Organspende zu machen.

00:01:14: Ein wichtiges Thema, wie wir finden.

00:01:16: Dazu haben wir zwei starke Geschichten

00:01:18: mit zwei ganz unterschiedlichen Fällen.

00:01:20: Beide gehen auch ganz unterschiedlich aus.

00:01:23: Die eine Geschichte ist die von Sophie Schober.

00:01:25: Sie war uns aufgefallen, weil sie selbst Journalistin ist

00:01:28: und sozusagen aus eigener Betroffenheit

00:01:31: über das Thema Organspende schreibt.

00:01:33: Sophie hat nämlich im Januar bei uns am UKM

00:01:35: eine neue Niere bekommen.

00:01:37: Und das war etwa nicht eine fremde Niere,

00:01:39: sondern eine, die ihr Vater ihr freiwillig gespendet hat.

00:01:43: Eine sogenannte Lebendniere-Spende.

00:01:45: Außerdem haben wir natürlich einen passenden Experten hier.

00:01:48: Das ist Professor Stefan Reuter,

00:01:50: Leitender Oberarzt unserer Transplantationsnäphrologie am UKM

00:01:54: und der behandelnde Arzt von Sophie Schober.

00:01:56: Der Gast.

00:01:58: Ja, mein Name ist Stefan Reuter.

00:01:59: Ich bin seit gut 20 Jahren am Universitätsklinikum Münster.

00:02:03: Bin Transplantationsnäphrologer,

00:02:05: bin Leitender Oberarzt der Transplantationsnäphrologie

00:02:08: und stellvertretender Leiter des Deutschen Lebensspenderregisters.

00:02:12: Das Deutsche Lebensspenderregister

00:02:14: würde ich gleich später noch mal draufkommen.

00:02:17: Aber bevor wir das gleich machen,

00:02:19: ist jetzt einmal Sophie Schober selbst dran.

00:02:21: Ich habe vor vier Monaten im Januar hier am UKM

00:02:23: die Spendene erhalten von meinem Papa, wie du schon gesagt hast.

00:02:26: Ich arbeite als Journalistin mittlerweile auch wieder.

00:02:29: Ich habe jetzt die Wiedereindiederung hinter mir

00:02:32: und war zu den ersten Tagen wieder fest,

00:02:34: ohne Krankenschein endlich mal wieder arbeiten.

00:02:36: Ich freue mich, dass ich heute hier bin

00:02:39: und dass wir über dieses wichtige Thema sprechen können.

00:02:42: Ich freue mich auch.

00:02:43: Wir haben schon öfter Kontakt, wir haben zusammen ein Video gedreht.

00:02:46: Wir haben eine ganze Kampagnen-Seite gemacht.

00:02:49: Ich würde sagen, da gab es schon einige Berührungspunkte.

00:02:52: Wenn wir jetzt noch lehmend Nierenspende reden,

00:02:54: würde ich mal sagen, wir steigen ganz breit ins Thema ein.

00:02:57: Das Thema Organspende, zum Tag der Organspende,

00:03:00: ist in Deutschland ein umstrittenes Möchtig,

00:03:02: und es ist trotzdem so wichtig.

00:03:04: Wir haben in Deutschland einen Orgarnemangel.

00:03:07: Herr Prof. Reuter, warum ist das so,

00:03:09: was unterscheidet uns von anderen Ländern, zum Beispiel Spanien?

00:03:12: Spanien ist das absolute Positivebeispiel.

00:03:15: Wenn man sich weltweit die Organspende anzahlen,

00:03:18: pro Millionen-Einwohner anschaut,

00:03:19: schaffen die es die meisten Spenden.

00:03:22: Manchmal 46 Millionen Einwohner pro Jahr zu realisieren.

00:03:26: Wir in Deutschland hinken deutlich hinterher,

00:03:28: und das nicht nur in Europa, sondern weltweit.

00:03:31: Wir rangieren so mit 10 bis 11 realisierten Organspenden

00:03:34: pro Millionen-Einwohner auf den hinteren Plätzen.

00:03:36: Die Ursachen sind vielfältig.

00:03:38: In Spanien ist eine ganz andere Organspende Kultur,

00:03:41: die dort im Laufe der Jahre entstanden ist.

00:03:44: Das fuß zum einen auf einer sehr guten Informationskampagne.

00:03:48: Das wird zentralistisch in Spanien seit vielen Jahren

00:03:51: mittlerweile gefördert, ganz anders als das in Deutschland.

00:03:55: Da haben wir immer kleine Aktionskampagnen.

00:03:58: Es gibt natürlich viele, die sich zu Organspende bekennen,

00:04:02: aber das nicht schriftlich hinterlassen.

00:04:04: In Spanien ist es so, wir haben eine klare gesetzliche Regelung.

00:04:08: Das ist die Widerspruchslösung, also eine Opt-Out-Regelung.

00:04:11: Während wir in Deutschland eher die Entscheidungslösung haben,

00:04:15: das sind grundsätzlich unterschiedliche Prinzipien.

00:04:18: In Spanien haben wir eine sehr gute Organisation der Organspender,

00:04:22: die ist zentralistisch organisiert,

00:04:24: während wir hier eher dezentral das Ganze angehen.

00:04:27: Jetzt haben wir Vorteile und Nachteile bei der Systeme herausgefunden.

00:04:31: In Deutschland haben jetzt meiner Wahrnehmung

00:04:33: nach fast die Nachteile ein wenig überwogen.

00:04:36: Das ganze System muss irgendwann reformiert werden.

00:04:39: Ich glaube, da sind sich alle einig.

00:04:41: Was mich so interessiert ist,

00:04:43: vor welcher Herausforderung stellt der Organmangel Betroffene?

00:04:46: Sophie, wie ist das?

00:04:47: Es geht vor allem darum,

00:04:49: dass wenn man auf eine postmortale Spende angewiesen ist,

00:04:52: die Wartezeiten enorm lang sind.

00:04:54: Ich weiß, bei meinem ersten Gespräch

00:04:56: hat man mich schon mal auf zehn Jahre Wartezeit eingestimmt,

00:05:00: wenn es keine lebend Spende gab, die es zum Glück gab.

00:05:03: Das ist ein enormer Zeitverlust.

00:05:05: Das wäre meine kompletten 20er-anfang-30er gewesen,

00:05:08: die man dann mit Dialyse zu tun hat.

00:05:10: Das ist auf der einen Seite gut,

00:05:12: weil das ein gutes Verfahren ist, um den Körper zu entgiften.

00:05:16: Das ist ein sehr viel zu sterben, um es ganz plumm zu sagen.

00:05:19: Aber es fehlt einem sehr viel Lebensqualität und auch sehr viel Lebenszeit,

00:05:23: weil das viele Stunden in Anspruch nimmt.

00:05:26: Das ist wahrscheinlich nicht nur für die Betroffene,

00:05:29: für die vor allen Dingen natürlich belastend.

00:05:31: Ich kann mir vorstellen, dass das für Mediziner*innen schwierig ist.

00:05:35: Lange Dialysezeiten bedingen auch hohe Morbidität

00:05:38: bei den Betroffenen.

00:05:39: Dialyse ist wie gesagt ein Lebenserhaltendesystem.

00:05:42: Es verbessert nicht das Überleben.

00:05:45: Es ist eine sehr hohe Morbidität bei den Dialyse-Patienten.

00:05:48: Das heißt, über die lange Wartezeit,

00:05:51: die unsere Patienten leider akquirieren,

00:05:53: werden sie nicht gesünder.

00:05:55: Das stellt uns Transfabriationsmediziner

00:05:57: vor enorme Herausforderungen,

00:05:59: nach der Nierentransfabriation ein gutes Ergebnis zu erzielen.

00:06:02: Jetzt ist die Nierer*in ein besonderes Organ.

00:06:05: Als es zwei davon im Körper gibt,

00:06:07: was bedingt, dass wir so etwas wie eine lebendene Nierenspende

00:06:11: überhaupt durchführen können.

00:06:13: Das betrifft die Niere von anderen Organen.

00:06:15: Vielleicht kann man erläutern, für diejenigen, die es nicht wissen,

00:06:19: was eine lebendene Nierenspende ist.

00:06:21: Die Herausgabe eines Organs, also einer Niere, im Bereich der Leber,

00:06:25: ist das auch möglich, eine Leberteil-Spende.

00:06:28: Ansonsten können wir keine soliden Organespenden,

00:06:31: die sind ja nicht paarisch angelegt.

00:06:33: Von daher ist das im Bereich der Niere einmalig,

00:06:35: nach eingehender Untersuchung, Aufklärung,

00:06:38: bestimmter Voraussetzungen, Freiwilligkeit der Spende,

00:06:41: Abwesenheit von Kontraindikationen usw.

00:06:44: Alles gesetzlich sehr dezidiert geregelt ist in Deutschland.

00:06:48: Das Transpandazonsgesetz reguliert das im Detail

00:06:52: und die Richtlinien in der Bundesärztekammer führen das weiter aus.

00:06:55: Wenn diese ganze Voraussetzungen stimmen,

00:06:58: ist das möglich, im Bereich der Niere eine Niere zu spenden.

00:07:01: Wer darf das überhaupt, dürfen das nur Angehörige oder andere Personen?

00:07:05: Das Gesetz sieht vor, dass wir eine emotionale Verbundenheit

00:07:09: für die Spendenden und Empfangenen etabliert haben.

00:07:12: Das dient in der Vorbeugung von Organhandel.

00:07:15: Der ist weltweit nicht akzeptiert bzw. verboten.

00:07:18: Die deutsche Interpretation ist, wir brauchen eine emotionale Verbundenheit.

00:07:22: Das sieht das derzeitige Transpandazonsgesetz vor.

00:07:25: Wie das in Zukunft sein wird, kann das ganz anders geregelt werden.

00:07:29: Die Gesetzesnovelle, die im Ende letzten Jahres angedacht war,

00:07:32: sah das ganz anders.

00:07:34: Da brauchte diese emotionale Verbundenheit nicht immer zwingend

00:07:37: und nicht jedem Fall vorhanden sein,

00:07:39: sondern da wurden bestimmte Ausnahmen definiert.

00:07:42: Aber mit dem Untergang der Regierung ist das nicht umgesetzt worden.

00:07:46: Wir schauen mal, ob das Thema in diesem Jahr noch mal angefasst wird.

00:07:50: Wichtig wäre es, um da eine Hausnummer zu haben,

00:07:52: für diejenigen, die es nicht wissen.

00:07:55: Wie viele Nieren werden in Deutschland in jedem Jahr transplantiert?

00:07:59: Ende 23 war so, dass ca. 6.000 Menschen in Deutschland

00:08:02: für eine Nierentranspandation gelistet waren.

00:08:05: Im Jahr können wir ungefähr 1.500 Menschen

00:08:09: mit einer postmortal gespendeten Niere versorgen in Deutschland.

00:08:13: Dazu kommen noch ungefähr 500 bis 600 Lebendnieren spenden.

00:08:17: Das sind so die Hausnummern.

00:08:19: Genau.

00:08:20: Neuanmeldungen haben wir ungefähr 3.000 pro Jahr

00:08:23: für eine Nierentranspandation.

00:08:25: Nun sind Sie nicht selber der Transplanteur.

00:08:27: Das macht bei uns hier am UKM die Klinik für Allgemeinvisceral

00:08:31: und Transplantationschirurgie.

00:08:33: Das sind die Menschen, die eine neue Niere brauchen,

00:08:35: die auf der Warteliste sind.

00:08:37: Was ist es für ein Gefühl, wenn jemand zu ihnen kommt,

00:08:40: dann einen Nierenversagen vorliegt?

00:08:43: Und Sie müssen der Person sagen, Sie müssten eine neue Niere haben?

00:08:46: Das ist für die Betroffene schwierig, zu akzeptieren.

00:08:49: Ich habe ein Terminalesorganversagen.

00:08:52: Ich bin auf einen Organersatz angewiesen.

00:08:55: Das wird technischer Natur sein,

00:08:57: wenn man nicht sofort eine Lebendnierenspende zur Hand hat.

00:09:00: Vor allem wenn das überraschend kommt oder schnell eintritt,

00:09:03: ist man nicht vorbereitet.

00:09:05: Aber grundsätzlich haben wir mit verschiedenen Dialysemodellitäten

00:09:09: die Option, das Leben aufrechtzuerhalten

00:09:11: und mit einer gewissen Qualität.

00:09:13: Natürlich kann das nicht alle Qualitäten einer Nierersetzen

00:09:17: so ein Nierenersatzverfahren,

00:09:19: aber man ermöglicht zumindest das Leben der See.

00:09:22: Ich komme an der Stelle auf Sophie zurück.

00:09:24: Sie hat für uns ihre Geschichte aufgeschrieben.

00:09:27: Wir verlinken das unten in den Show-Notes,

00:09:30: was sie geschrieben hat, zu dem Hergang ihres Krankheitsbildes

00:09:33: und wie es ihr damit ging.

00:09:35: Sie schreibt eindrücklich,

00:09:36: dass einer der Momente, an den sie sich erinnern wird,

00:09:39: der Moment war, als die gesagt wurde,

00:09:42: dass du Terminalesnierenversagen hast,

00:09:44: eine neue Niere brauchst.

00:09:46: Und erst mal auch dialysepflichtig bis dahin warst.

00:09:49: Oder bist nicht mehr, aber warst.

00:09:51: Genau.

00:09:52: Warum war das für dich so ein einschneidender Moment?

00:09:55: Ich glaube, für viele Betroffenen ist es so,

00:09:58: dass die Diagnose die Lebensveränderung ist.

00:10:00: Dann gibt es einen Vorher, vor der Diagnose,

00:10:03: und es gibt einen Nachher.

00:10:04: Und das Nachher ist sehr unvorhersehbar.

00:10:07: Erst mal ist man geschwächt von der Erkrankung,

00:10:09: dann geht es einem mental nicht gut,

00:10:11: weil man sich plötzlich mit Dingen beschäftigen muss,

00:10:14: die man vorher gar nicht auf dem Zettel hatte.

00:10:17: Dann war ich erst Mitte 20

00:10:19: und irgendwie ist Organversagen für viele erst mal was,

00:10:22: was ältere Leute in der Wahrnehmung trifft.

00:10:25: Und es war dann schon erst mal sehr hart, damit klarzukommen.

00:10:28: Ich habe mich mit vielen Ärzten und Pflegenden sehr gut betreut worden.

00:10:32: Die haben mich da sehr gut aufgefangen.

00:10:34: Und ich habe dann die Möglichkeit der Transplantation

00:10:37: eher so als Chance auf Wiederbesserung empfunden.

00:10:40: Ich habe ja dann erst Hemodialyse gemacht,

00:10:42: dann Bauchfelddialyse.

00:10:44: Das hat alles schon mal ein bisschen angenehmer gemacht,

00:10:47: weil es mir besser ging.

00:10:48: Es war erst mal ein Schock,

00:10:50: aber ich habe mich relativ schnell mit der Situation angefreundet.

00:10:54: Weil es hilft ja nichts, es muss ja irgendwie weitergehen.

00:10:57: Ich habe mich dann auch in Umfeld hatte, was mich da sehr gut aufgefangen hat.

00:11:01: Ich konnte nach zwei, drei Monaten wieder positiv durchs Leben gehen.

00:11:05: Das war schon ganz gut.

00:11:06: Lass uns mal an die Anfänge deiner Erkrankung geben.

00:11:09: Du bist ja nicht von Geburt an Nieren erkrankt,

00:11:12: sondern das kam ganz plötzlich über dich.

00:11:14: Ich hatte insgesamt zwei Nieren versagen.

00:11:17: Das erste war im Februar 2021.

00:11:18: Da wurde nach langen Hin und Her

00:11:20: und Ausschusskriterien eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert.

00:11:24: Die wurde auch gezielt mit einem Medikament behandelt.

00:11:27: Das war wie es sein sollte.

00:11:29: Dann kam ein bisschen aus der kalten heraus,

00:11:32: nach schwankenden Werten wieder Nieren versagen.

00:11:35: Das hat mir dann ein bisschen den Boden unter den Füßen weggezogen.

00:11:40: Beim ersten Nieren versagen, zwei Wochen Dialyse, Auslass.

00:11:43: Alles war wieder gut.

00:11:44: Ich war nicht dialysepflichtig.

00:11:46: Ich hatte auch gar nicht den Überblick über alles,

00:11:49: was da auf mich zukommen könnte.

00:11:51: Das war dann tatsächlich erst im Dezember 2022,

00:11:54: als mir das Ausmaß dieser Erkrankung bewusst wurde.

00:11:57: Wusstest du zu dem Zeitpunkt schon,

00:11:59: dass es darauf hinauslaufen würde, dass du eine Niere wirklich brauchst?

00:12:03: Ja, das war tatsächlich eine der ersten Dinge,

00:12:05: die mir dann mitgeteilt worden sind,

00:12:07: als es nicht danach aussah,

00:12:09: dass man noch mal von der Dialyse wegkommen würde.

00:12:12: Aber das war nie so, dass das jetzt negativ konnotiert war

00:12:15: oder dass das als riesengroßer Eingriff

00:12:18: und vielleicht nicht möglich dargestellt wurde.

00:12:21: Sondern das war von Anfang an als Chance benannt

00:12:24: und als gute Möglichkeit auch für einen jungen Patienten,

00:12:27: die die Lebensqualität herzustellen.

00:12:29: Deshalb war das für mich was Positives,

00:12:31: der Lichtblick am Ende des Tunnels.

00:12:33: Jetzt bist du natürlich noch total jung.

00:12:36: Du hast gesagt, Mitte 20 warst du bei der Diagnose.

00:12:38: Herr Reuter, nicht immer sind Patientinnen tatsächlich so jung.

00:12:42: Ich gehe mal davon aus, sie war vorher gesund.

00:12:44: Gibt es denn Voraussetzungen für eine lebendniere Spende

00:12:47: und gibt es auch Ausschlusskriterien?

00:12:49: Wenn wir in die Empfängersite anschauen,

00:12:52: dann sind unsere Durchschnittlichen Empfänger derzeit ungefähr 55 Jahre

00:12:56: sowohl auf Empfängerseite als auch auf Spenderseite,

00:12:59: die geklärt werden oder vorhanden sein müssen,

00:13:01: um eine erfolgreiche Transpandation durchführen zu können

00:13:04: oder Spender auch durchführen zu können.

00:13:07: Ganz klar geregelt ist das auch gesetzlich.

00:13:09: Es gibt eine Richtlinie, die nennt sich sogar Empfängerschutz,

00:13:13: im Bereich der lebendnieren Spende.

00:13:15: Da geht es primär gar nicht mal so sehr um den Spenderschutz,

00:13:18: sondern sogar dezidiert um den Empfängerschutz.

00:13:21: Man möchte denen zum Beispiel davor beschützen,

00:13:24: dass man eine Infektion überträgt auf den Empfänger

00:13:27: oder eine Tumorerkrankung.

00:13:29: Das muss auf der einen Seite gegeben sein,

00:13:31: eine sichere Übertragung für den Empfänger.

00:13:34: Auf der anderen Seite, das ist das, was wir uns als Transpandationsmediziner

00:13:37: sehr gewünscht hätten, wäre eine Richtlinie Spenderschutz,

00:13:41: was ganz Tolles gewesen, die uns mehr an die Hand gibt.

00:13:44: Welche Dinge dürfen oder können wir denn bei Spendern akzeptieren?

00:13:48: Sie müssen sich vorstellen, wenn die Spender oder die Empfänger

00:13:51: derzeit im Durchschnitt über 55 Jahre alt sind

00:13:53: und die Spender*innen, muss man ja meistens sagen,

00:13:56: eher aus der Familie stammen, also Lebensgefährtin,

00:13:59: Ehefrauen sind, dann sind die dementsprechend auch älter

00:14:03: und bringen wahrscheinlich die eine oder andere Komorbidität mit.

00:14:07: Das heißt, hier müssen unsere Spender sehr gut untersucht

00:14:12: und aufgeklärt werden.

00:14:13: Um zu schauen, gibt es denn Risiken,

00:14:15: die möglicherweise den Erfolg,

00:14:17: nicht nur für den Empfänger gefährden,

00:14:20: sondern auch nach der Spende selber

00:14:22: mit ausreichender Nierenfunktion unterwegs zu sein, gefährden.

00:14:25: Von daher muss man die Spender gut untersuchen

00:14:28: und schauen, sind die gesundheitlich so geeignet,

00:14:31: dass sie den Rest ihres Lebens auch selbst ohne Dialyse auskommen

00:14:34: und ohne Probleme mit gravierender Nierenensoffizienz zu bekommen.

00:14:38: Das ist die Grundfunk-Aussetzung.

00:14:40: Ich kann mir vorstellen, die Bereitschaft von Familienangehörigen

00:14:43: ist immens hoch.

00:14:45: Man möchte ja seinem Liebsten irgendwie auch helfen.

00:14:47: Wie machen Sie den Menschen bewusst, was das trotzdem für Sie selber

00:14:51: ist und wie Sie sich dafür einsteigen?

00:14:53: Gibt es eine psychologische Unterstützung?

00:14:55: Das Ganze ist ein viel schichtiges Verfahren.

00:14:57: Das ist nichts, was von jetzt auf gleich entschieden werden muss.

00:15:01: Das unterscheidet uns definitiv von der Leber,

00:15:03: wo jetzt doch eine lebensbedrohliche Situation eintritt,

00:15:06: wenn die Leber ausfällt und Angehörige

00:15:08: meist innerhalb kürzester Zeit entscheiden müssen,

00:15:11: ob sie einen Teil der Leber spenden.

00:15:13: Das machen nur ganz wenige Zentren in Deutschland.

00:15:16: Bei der Niere haben wir da grundsätzlich mehr Zeit mit der Dialyse.

00:15:20: Das ist vor, wenn eine Dialysepflichtigkeit abzusehen ist.

00:15:23: Das heißt, das fängt schon bei der Beratung an.

00:15:26: Dasjenigen, der erkrankt ist, der Nieren insuffizient ist,

00:15:30: wenn die Nieren funktionell einem Bereich gelangt,

00:15:33: wo die das Nierenersatzverfahren absehbar ist,

00:15:35: dann muss auch die Beratung her, welche Optionen habe ich.

00:15:38: Leben, Nieren, Spende, Postmortale, Spende

00:15:41: oder eben die beiden Dialysepfahren.

00:15:43: Und zu diesem Zeitpunkt beginnt auch, sag ich mal,

00:15:46: der Empfänger sich natürlich mit dem Thema Transplantation

00:15:50: oder auch Leben, die Entspende, was ein ganz eigenes Thema ist,

00:15:53: auseinanderzusetzen und muss natürlich auch seine Angehörigen

00:15:57: befragen oder mit ins Boot holen.

00:15:59: Die müssen in diese Entscheidungsfindung

00:16:01: auch eingebunden sein, ganz klar.

00:16:03: Ab diesem Punkt beginnt man sich ja erstmals damit zu beschäftigen.

00:16:07: Ab dann dauert der Prozess eigentlich eher Monate bis zum Teil Jahre,

00:16:11: je nachdem, wie lange die Nierenfunktion des Empfängers

00:16:14: noch aufrechter erhält.

00:16:16: Und das ist ein reiflich überlegter Prozess

00:16:19: über viele Monate mit entsprechender Vorbereitung.

00:16:23: So viel bei dir ging das alles etwas schneller.

00:16:25: Du hast eben nicht jahrelang auf einer Warteliste gestanden,

00:16:29: sondern es haben sich bei dir sogar mehrere Menschen im Familien

00:16:32: und Bekanntenkreis gefunden, die spontan gesagt haben,

00:16:35: ja, das kann ich mir vorstellen.

00:16:37: Wie seid ihr denn letztendlich dazu gekommen,

00:16:40: dass die Wale am Ende auf deinen Vater getroffen?

00:16:42: Also, da hatte natürlich das Transplantationsgesetz was mit zu tun.

00:16:46: Das war die nächste, auch nachzuweisen, muss man fast sagen.

00:16:49: Und dann hatte ich meine ersten Gespräche in der Transplantationsambulanz.

00:16:53: Meine Schwester war auch noch bereit zu spenden.

00:16:55: Dadurch, dass er noch mal jünger ist als ich,

00:16:58: war die Betreuung der Ärztin der Meinung,

00:17:00: der Papa soll zum Arzt sich einmal grob durchchecken lassen.

00:17:03: Und dann war das gar nicht so eine große Diskussion,

00:17:06: sondern er hat sich angeboten.

00:17:08: Und wir haben dann die nächsten Schritte durchgesprochen.

00:17:12: Worüber hier noch gar nicht gesprochen wurde ist,

00:17:15: vor der Operation vor dem Eingriff kommt erst mal bei vielen Patienten

00:17:19: eine sehr lange Phase von Dialyse.

00:17:21: Sie haben gerade schon gesagt, Herr Reuter, da gibt es zwei Verfahren.

00:17:25: Wollen Sie uns die mal erklären?

00:17:27: Auf der einen Seite haben wir die Hämodiallyse.

00:17:30: Das ist das Verfahren, was in Deutschland am allerräufigsten angewendet wird.

00:17:34: Das sieht weltweit noch mal anders aus.

00:17:36: Wir haben ungefähr über 90 Prozent Hämodiallyse-Patienten in Deutschland.

00:17:40: Das ist traditionell so gewachsen, hätte ich jetzt fast gesagt.

00:17:43: Das ist eine sehr peritonal Dialyse,

00:17:45: das ist damit die andere Variante, die durchgeführt werden kann.

00:17:48: Während die Hämodiallyse ein eher technisches Verfahren ist,

00:17:51: das heißt, wir haben ein Blutreinigungsgerät,

00:17:54: ein Pumpensystem mit einem Filtersystem.

00:17:56: Wir brauchen einen Gefäßzugang,

00:17:58: das wird über ein Katheter realisiert in ein großes Gefäß

00:18:02: oder über einen sogenannten Schand,

00:18:04: das ist eine Kurzschlussverbindung zwischen einer Venen- und Arterie.

00:18:08: Über die große Mengen von Blut entnommen werden können,

00:18:11: die reinigt werden und dann zeitgleich wieder zurückgegeben werden können.

00:18:15: Und die Alternative, also, dass so ein Verfahren

00:18:18: wird ungefähr dreimal die Woche durchgeführt

00:18:20: in einem Hämodiallyse-Zentrum.

00:18:22: Es gibt noch die Heimdiallyse, man kann das im Ausnahmefall auch zu Hause realisieren,

00:18:26: wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind.

00:18:28: Das dauert dann ungefähr so drei bis fünf Stunden.

00:18:31: Teilweise kann man das auch über Nacht machen.

00:18:34: Ist ja zeitaufwendig, oder? - Auf jeden Fall.

00:18:36: Man hat viele Stunden, die man in einem Zentrum verbringen,

00:18:39: danach geht es einem nicht so gut.

00:18:41: Man fällt im Prinzip für den Tag unter Umständen aus,

00:18:43: aktiv am Arbeitsleben teilzunehmen.

00:18:46: Die Peritonealdiallöse hat das, ist ein ganz anderes System,

00:18:49: da nutzt man das Bauchfell als natürlichen Filter.

00:18:53: Das heißt, man implantiert einen Dialysekatheter in die Bauchöhle

00:18:57: und lässt mehrmals am Tag ein sogenanntes Dialysat,

00:19:01: also eine Flüssigkeit, in diesen Bauchraum hineinlaufen

00:19:04: und der steht dann im Austausch mit der Körperflüssigkeit

00:19:07: und entzieht diesen, das sind osmotische Prozesse,

00:19:10: der da im Wesentlichen ablaufen, die Gifte.

00:19:13: Das lässt man dann ab.

00:19:15: Man kann das auch intensiver betreiben,

00:19:17: wenn man das überein sogenannte Cycler-System betreibt,

00:19:20: das automatisiert, unterstützt und zum Beispiel in der Nacht

00:19:24: diesen Prozess durchführt.

00:19:26: In der Nacht ist es praktisch und damit nicht zeitaufwendig?

00:19:29: Genau, es lässt sich wahrscheinlich in den Tagesablauf

00:19:32: oder in das Arbeitsleben besser integrieren.

00:19:34: Man muss nach Teilen dieses Gerät haben,

00:19:36: dass man schläft vielleicht nicht so gut mit diesem Gerät.

00:19:39: Das kann auch mal Fehler produzieren und so weiter.

00:19:43: Aber Sie haben ja natürlich trotzdem viel mit Menschen zu tun,

00:19:46: die Hémodialysen machen müssen, von außen betrachtet,

00:19:49: obwohl Sie natürlich als Betreuner Mediziner

00:19:52: auch nicht ganz außen sind, belastet das sehr.

00:19:55: Auf was stellen die Leute sich normalerweise ein

00:19:57: und ist es hinterher tatsächlich noch schlimmer, als erwartet?

00:20:01: Mit der Hémodialysen gehen viele Belastungen für den Betroffenen ein.

00:20:04: Das ist ja keine Frage.

00:20:06: Als wesentlichen Einschränkungen empfinden viele Menschen,

00:20:09: dass ausbleiben, der Diurese, also sie können nicht mehr Wasser lassen.

00:20:13: Und damit bedingt es auch, dass sie praktisch wenig

00:20:16: bis gar nichts mehr trinken dürfen,

00:20:19: weil sie kein Wasser ausscheiden,

00:20:21: nicht zwischen den Dialysisitzungen,

00:20:23: bei denen natürlich Wasser entzogen werden kann,

00:20:25: nicht in einen Zustand geraten, wo das Wasser in die Lunge läuft

00:20:28: oder das Herzkreislaufsystem dekompensieren lässt.

00:20:32: Dieses Nicht- oder Wenigtrinken dürfen, insbesondere bei Hitze,

00:20:35: ist sehr belastend.

00:20:37: Dann haben wir das Problem viele Leiden unter Juckreiz,

00:20:40: unter der Dialyse, d.h. die Entkiftung ist nicht optimal.

00:20:43: Die Prozesse sind nicht ganz verstanden,

00:20:46: aber ungefähr 30% haben doch auch erheblichen Juckreiz an der Dialyse,

00:20:50: was vor allen Dingen in den Sommermonaten

00:20:52: stark in die Lebensqualität eingreift.

00:20:54: Da muss man sagen, die Hémodialysen

00:20:56: ist anstrengend für den Körper.

00:20:58: Wir haben nicht nur Elektrolytverschiebungen,

00:21:01: sondern auch die Blutsalze können durcheinander geraten.

00:21:04: Sie werden zum Teil korrigiert,

00:21:06: aber sind das starke Verschiebungen, die im Körper auftreten.

00:21:09: Der Flüssigkeitshaushalt verschiebt sich.

00:21:11: Das ist für den Körper anstrengend, das ist wie Sport.

00:21:14: Wenn die dann drei bis fünf Stunden diesen Prozess durchlaufen haben,

00:21:18: sind viele erst mal den Rest des Tages müde.

00:21:20: Und man kann das wahrscheinlich auch nicht bis zum Ende des Lebens machen,

00:21:24: sondern das alles ist eine absehbare Phase, oder?

00:21:26: Grundsätzlich lässt sich Hémodialyse bis ans Lebensende durchführen.

00:21:30: Es gibt eine verwirrende Komplikation auftreten.

00:21:32: Allerdings ist die Lebenserwartung an der Dialyse nicht besonders hoch.

00:21:36: Das ist klar altersabhängig.

00:21:38: Und vor allen Dingen junge Leute verlieren im Vergleich zu älteren

00:21:41: viele Lebensjahre, wenn sie mit Dialyse behandelt werden.

00:21:44: Aber natürlich, wenn man nicht geeignet ist

00:21:47: für eine organische Transplantation oder möchte nicht transplantiert werden,

00:21:51: dann muss man natürlich, wenn man leben will, bis ans Lebensende

00:21:55: Hemmo- oder Peritoneal-Dialyse durchführen.

00:21:57: Sophie, du hast eine ganz besondere Entscheidung getroffen,

00:22:00: dass es nicht wirklich die Hémodialyse sein soll,

00:22:03: sondern du hast dich für die Bauchfeldialyse

00:22:05: die Peritoneal-Dialyse entschieden.

00:22:07: Was genau waren die Beweggründe? Was hat dich veranlasst?

00:22:10: Ich war tatsächlich am Anfang,

00:22:12: als ich die Entscheidung treffen musste, sehr hin und her gerissen.

00:22:16: Zum einen hatten wir zu der Zeit einen Hund zu Hause.

00:22:19: Und hier gehen es bei der Bauchfeldialyse ein großes Thema.

00:22:22: Und der Hund sollte auf gar keinen Fall in den Haushalt verlassen müssen.

00:22:25: Auf der anderen Seite wollte ich auf keinen Fall einen Schand,

00:22:29: auf einer Weile und habe dann viele intensive Gespräche

00:22:32: mit meinen behandelnden Ärzten geführt

00:22:34: und habe mich dann für die Peritoneal-Dialyse entschieden,

00:22:37: weil sie mir so viel mehr Freiheit und Zeitmanagement einfach gibt.

00:22:41: dass ich wieder selber treffen kann.

00:22:43: Und ich hab angefangen mit dem sogenannten Handbeutelwechsel,

00:22:45: also dieses mehrmals am Tag alle vier Stunden in eine neue Flüssigkeit in den Bauchraum.

00:22:50: Das macht man, glaube ich, immer so zum Anfang.

00:22:54: Das konnte ich auch dann auf der Arbeit machen, das war kein Problem.

00:22:57: Aber das ist trotzdem eine andere Tagesplanung, weil ich muss ja alle vier Stunden an einem Ort sein,

00:23:01: wo es möglich sauber ist, dass ich das machen kann.

00:23:02: Das dauert eine halbe Stunde.

00:23:04: Und ich bin dann später auf den Cycler umgestiegen

00:23:08: und hab den dann jede Nacht mit am Bett gehabt

00:23:10: und konnte das über Nacht machen.

00:23:12: Das hat auch sehr gut funktioniert.

00:23:13: Also natürlich gab es die Fehlermeldungen, das Piepsen, das Aufwachen in der Nacht,

00:23:18: manchmal auch einen Wutanfall deshalb.

00:23:20: Aber das hat mir über zwei Jahre gut geholfen,

00:23:23: weil es mir eben die einzige Einschränkung gebracht hat,

00:23:26: dass ich acht Stunden in der Nacht einplanen muss für die Entgiftung.

00:23:30: Aber man macht das jede Nacht oder ich hab das jede Nacht gemacht,

00:23:32: so dass der Körper viel regelmäßiger entgiftet.

00:23:34: Ich hatte keine Trinkmengenbeschränkung mehr.

00:23:37: So mir ging es wieder super gut.

00:23:38: Ich konnte wieder meinen Alltag total gut gestalten

00:23:41: und habe all diese enormen Nebenwirkungen,

00:23:44: so Wassereinlagerungen und extreme Erschöpfung,

00:23:46: die ich bei der Himo-Dialyse hatte, gar nicht mehr.

00:23:49: Das war ein echter Lebensqualitätsgewinn für mich.

00:23:51: Wie kam es jetzt dann trotzdem dazu,

00:23:53: dass du dich so sehr schnell für diese Nieren-Transplantation entschieden hast?

00:23:57: War das eine Familiendiskussion bei euch oder wie ist das entstanden?

00:24:01: Nee, also es war schon so, dass meine Erste mir auf jeden Fall dazu geraten haben,

00:24:04: weil natürlich die Lebenserwartung auch eine große Rolle spielt

00:24:08: und man ja schon versucht, gerade junge Menschen wieder so gut es geht,

00:24:12: ins normale Leben zu holen und ich wollte das für mich auch.

00:24:16: Deshalb haben wir gut kommuniziert, wer denn in Frage kommen könnte.

00:24:22: Genau, und dann wurde das auch alles angeleiert,

00:24:25: dass sich hier in die Transplantationsambulanz kommen

00:24:27: und dass dann alle Untersuchungen gemacht werden,

00:24:29: die man so vorweisen muss als Empfänger,

00:24:31: damit man auch fit und gesund genug ist, um so einen Organ zu empfangen

00:24:35: und dann hat es zwei Jahre bis zur OP gedauert.

00:24:38: So ganz kurz, wir brauchen jetzt nicht jedes medizinische Detail,

00:24:41: aber was checkt man ab, sowohl beim Spender, aber auch beim Empfänger natürlich?

00:24:46: Erst mal mit so einem Operativ, die Verhältnisse stimmen, sage ich mal,

00:24:49: also es muss operativ möglich sein, einen Organ anzuschließen beim Empfänger.

00:24:53: Beim Spender sollte die Situation so sein,

00:24:55: dass die operativ auch nicht schwierig ist,

00:24:56: dass nicht sehr viele Blutgefäße, sage ich mal,

00:24:59: an der zuspenden Nieren dran sind oder die sehr klein sind und so weiter.

00:25:03: Das ist meistens nicht das Riesenproblem,

00:25:06: sondern wir haben andere medizinische Probleme.

00:25:08: Wir checken auf, ja, Herzen und Nieren.

00:25:11: Wie man so schön sagt, wir prüfen die Nierenfunktion,

00:25:14: ist die Ausreichend, ist die Seitennanteiligkeit gegeben.

00:25:16: Das heißt, wir nehmen ja einen Organ

00:25:18: und wenn eine Niere jetzt, sage ich mal, nur zu einem Drittel arbeitet

00:25:22: und die andere zwei Drittel der Funktion übernimmt,

00:25:24: dann wäre eine Spende nicht möglich,

00:25:26: weil dem Empfänger reicht die einen Drittel Niere nicht und dem Spender auch nicht.

00:25:30: Das heißt, wir wollen sicherstellen, dass die Seitennanteiligkeit gegeben ist.

00:25:34: Wir brauchen eine psychosomatische Evaluation.

00:25:37: Besteht das Risiko, ein sogenanntes chronisches Mütigkeitssyndrom zu entwickeln?

00:25:41: Zum Beispiel, wie ist der Umgang, wie ist die Resilienz, sage ich mal,

00:25:45: gegenüber Problemsituationen?

00:25:46: Was passiert mit mir, mit uns, mit der Beziehung,

00:25:50: wenn die übertragenen Nieren von Anfang an nicht funktioniert

00:25:52: oder die Empfängerinnen nach drei Monaten die Medikamente absetzen würden

00:25:57: und das Organ abgestoßen wird?

00:25:59: Wenn derjenige nicht so damit umgeht, wie ich mir das vielleicht erträumt habe?

00:26:03: Also, da sind viele Dinge im Vorfeld zu untersuchen und zu besprechen.

00:26:06: Also, das war das, was ich vorhin mit psychologischer Betreuung meinte.

00:26:10: Auch die Spenderseite, finde ich, ist ja wirklich auch nochmal eine,

00:26:14: wo man draufgucken muss, weil eben dieses chronische Verteaksyndrom

00:26:18: möglicherweise droht.

00:26:20: Ich weiß nicht, wie groß die Gefahr ist, das können Sie viel besser einschätzen.

00:26:23: Ja, ich glaube, man sollte erst mal festhalten,

00:26:26: dass das chronische Vatik natürlich existent ist.

00:26:28: Aber nicht jetzt explizit nur im Kontext der Lebensdienstbände zu erwähnen ist,

00:26:34: sondern dass es ein grundsätzliches Phänomen ist oder eine Erkrankung ist,

00:26:37: die auftreten kann, wenn ich zum Beispiel operiert werde.

00:26:40: Das heißt, es geht gar nicht so sehr darum, dass jetzt die Niere entfernt wird,

00:26:43: die jetzt das chronische Nimmütigkeitssyndrom bedingen würde,

00:26:46: sondern der Zustand per se.

00:26:49: Also, ich begebe mich in eine Situation,

00:26:51: die ich vielleicht nicht 100 Prozent kontrollieren kann,

00:26:54: die ich nicht steuern kann, wo ich äußeren Einflüssen unterlegen bin.

00:26:57: Auf der anderen Seite sind es Körperprozesse, die eine Rolle spielen.

00:27:01: Das hat etwas mit Entzündungsprozessen zu tun und so weiter.

00:27:04: Das ist letztlich nicht komplett verstanden, dieses Phänomen.

00:27:08: Aber wenn es diejenigen ereilt, sage ich mal,

00:27:11: die eine Lebenniere oder eine Niere gespendet haben,

00:27:15: ist das natürlich dramatisch, weil es einen klaren Verlust

00:27:18: an Lebensqualität mit sich bringt.

00:27:20: Die Menschen sind dann nicht leistungsfähig.

00:27:23: Und das Risiko für die Entstehung so eines Syndromes

00:27:26: sollte man oder muss man im Vorfeld definitiv abklären.

00:27:30: Um das alles zu monitoren,

00:27:32: haben Sie ja nun eine ganz besondere Methode,

00:27:35: auch mit Ihrer Vorgängerin Prof. Barbara Subbelack herausgefunden,

00:27:39: die deutschlandweit sozusagen greift.

00:27:41: Da wird das im Prinzip in einem Register alles festgehalten.

00:27:44: Wollen Sie uns das Register mal einmal erklären?

00:27:47: Genau, man möchte in dem Leben- oder im deutschen Lebensspenderregister

00:27:50: eben nicht nur die somatischen Prozesse erfassen,

00:27:53: wie das in Teilen das Transpandationsregister auch vorsieht.

00:27:58: Also so marginale Daten werden da gesammelt,

00:28:00: wie der Spender lebt noch nach einem Jahr

00:28:03: oder er ist nicht dialysepflichtig usw.

00:28:05: Aber das greift viel zu kurz.

00:28:07: Wir müssen ja auch im Sinne einer guten Beratung

00:28:10: über Outcams informieren.

00:28:12: Und das sind Daten, die uns einfach fehlen,

00:28:14: also weltweit fehlen, insbesondere auch für Deutschland fehlen.

00:28:17: In den Ländern sind die Voraussetzungen absolut unterschiedlich.

00:28:20: Von daher ist es ganz wichtig, dass man auch in Deutschland

00:28:23: Ergebnisse sammelt.

00:28:24: Das heißt, wir befragen Spender nicht nur vor der lebendigen Spende,

00:28:28: sondern auch im Nachgang, mehrere Jahre.

00:28:31: Im Prinzip eigentlich lebenslang.

00:28:33: Wie geht es Ihnen?

00:28:35: Vor allen Dingen werden viele, also unser Register legt

00:28:38: einen psychosomatischen Schwerpunkt an.

00:28:41: Es werden sehr viele psychosomatische Fragen

00:28:44: zur Lebensqualität, zur Aktivität und so weiter erfasst.

00:28:49: Dazu gibt es praktisch weltweit kaum Daten.

00:28:52: Das macht dieses Register, das Prospektiv ist,

00:28:55: weltweit eigentlich einzigartig.

00:28:57: Mögen Sie schon mal einen Ausblick geben, bringt das was?

00:29:01: Was sind die ersten forcherischen Ergebnisse?

00:29:03: Die ersten Untersuchungen, die erhoben wurden,

00:29:06: sind erst mal beschreibend, was für ein Spender-Kollektiv

00:29:09: haben wir überhaupt in Deutschland.

00:29:10: Da kommt raus, z.B., dass wir ältere Spender haben,

00:29:13: als im weltweiten Vergleich, dass die auch zum Teil vorerkrankt sind.

00:29:18: Das heißt, wir haben eben nicht nur gesunde Menschen,

00:29:20: die eine Niere spenden, sondern es gibt gewisse Komorbiditäten.

00:29:23: Das ist eben unserer Gesellschaftsstruktur geschuldet,

00:29:26: die in Kauf genommen werden und die mit denen trotzdem

00:29:29: eine Niere gespendet wird, was vielleicht den anderen Wändern

00:29:32: eben nicht so der Fall ist.

00:29:33: Allein auch Grund des Organmangels.

00:29:35: Ganz genau.

00:29:36: Also die Notwendigkeit ist hier viel größer,

00:29:38: sage ich mal auch, gewisse Risiken einzugehen oder die Menschen

00:29:41: sind bereit, gewisse Risiken einzugehen, weil eben nicht nach

00:29:45: zwei Jahren ein Organ zur Verfügung steht, wie mein Wien in

00:29:49: unseren Nachbarländern zum Teil, sondern hier zehn Jahre gewartet

00:29:52: werden muss. Und diese zehn Jahre, die bedeuten ja rapiden,

00:29:56: körperlichen Verfall bei denen, jenem die auf der Warteliste sind.

00:29:59: Von daher sind die Voraussetzungen andere.

00:30:01: Und ja, das war z.B. ein Ergebnis oder welche operativen Verfahren

00:30:07: angewendet werden in den einzelnen Kliniken.

00:30:09: Auch das unterscheidet sich weltweit noch mal.

00:30:12: Also es gibt da verschiedene Entnahme-Techniken.

00:30:14: Das könnte ich Rogen viel, viel besser erklären, als ich das kann.

00:30:16: Aber es ist eben nicht so, dass jede Klinik einen Schlüssel noch

00:30:20: Technik anwendet, wie das z.B. Münster der Fall ist, sondern

00:30:23: dass eben auch noch offene OP-Techniken existieren.

00:30:27: Und ja, das hat viele, glaube ich, überrascht, dass das noch

00:30:30: durchaus verbreitet ist.

00:30:31: Ja, spannend.

00:30:32: Bevor wir gleich den großen Sprung sozusagen in den Januar

00:30:35: als du operiert wurdest, wagen, würde mich mal einmal interessieren.

00:30:39: Ihr habt bestimmt ganz viel geredet in der Familie zu diesem

00:30:42: Zeitpunkt, als es darum ging, machen wir das jetzt mit der

00:30:44: Transplantation oder nicht.

00:30:46: Hat das irgendwie dein oder auch von mir aus den Blickwinkel deiner

00:30:50: Angehörigen nochmal irgendwie besonders geprägt auf das Thema

00:30:54: Organspende und Orgarnmangel?

00:30:55: Hast du da heute eine andere Meinung zu als früher vielleicht?

00:30:58: Also ich hatte früher schon eine sehr starke Meinung zu Organspenden.

00:31:01: Ich habe auch selber schon sehr lange in den Organspendeausweis,

00:31:04: aber ich glaube in meiner Familie und so im näheren Umfeld hat das

00:31:07: schon nochmal einen anderen Blick aufgemacht, weil man sich eben

00:31:11: ungern mit so einem Thema beschäftigt, weil der Tod irgendwie

00:31:14: auch immer mitschwingt oder schwere Erkrankungen.

00:31:16: Aber es gab auch Leute in meinem Umfeld, die so mit meiner

00:31:19: Diagnose zu mir gekommen sind und gesagt haben, ich habe mir jetzt

00:31:21: auch einen Organspendeausweis gemacht und ich habe mir da jetzt

00:31:24: auch mal eine Platte drum gemacht.

00:31:26: Und das hat mir dann doch gezeigt, sobald man ein bisschen in

00:31:29: Berührung kommt mit so einer Erkrankung und das ist ja dann

00:31:31: doch nicht so häufig der Fall, dann fängt man wirklich an,

00:31:36: drüber nachzudenken.

00:31:37: Und das hat mich dann schon sehr gefreut, dass sich dann Leute

00:31:40: aus meinem Umfeld dann Kopf drum gemacht haben.

00:31:42: Und die ist es ja so wichtig, dieses Thema, dass du das letztendlich

00:31:45: jetzt sogar auch als Journalistin beruflich aufgegriffen hast.

00:31:48: Du schreibst auch tatsächlich doch auch.

00:31:49: Genau. Also auch wir nutzen immer den Organspendetag einmal,

00:31:53: um darüber zu berichten und ich habe in den letzten Jahren so

00:31:56: bisschen meine Geschichte erzählt, eben auch mit dem Blick darauf

00:32:00: hin, dass sehr viele Leute warten, aber ganz wenige Organe

00:32:02: zur Verfügung stehen und es glaube ich immer noch sehr viele

00:32:05: Menschen ohne Organspendeausweis gibt, auch ganz viele, die sich da

00:32:08: noch gar keinen Kopf drum gemacht haben.

00:32:11: Aber ich habe auch mit meinen behandelten Ärztinnen viel

00:32:13: drüber gesprochen und es ist dann doch so, wenn man selber in

00:32:15: der Situation ist auf einem Spenderorgan angewiesen zu sein,

00:32:18: dann ist man der Letzte, der sagt, nee, möchte ich nicht, sondern

00:32:21: man will ja irgendwie weiter leben und auch mit Lebensqualität.

00:32:23: Aber wenn man auf der anderen Seite steht und nicht betroffen ist

00:32:26: oder jemanden im Umfeld hat, der betroffen ist, dann macht man

00:32:28: sich da einfach keine Gedanken drum und dann kann man auch nicht

00:32:32: so richtig wahrnehmen, was das für die Betroffenen bedeutet, wenn

00:32:34: es eben keine Organe gibt und man zehn Jahre warten muss.

00:32:37: Ich höre daraus, du hast kein Verständnis für Menschen, die

00:32:40: sich mit dem Thema am liebsten nicht beschäftigen wollen.

00:32:42: Hast du denn Verständnis für Menschen, die sagen, ich habe mich

00:32:45: damit beschäftigt, ich möchte trotzdem keine Organe spenden?

00:32:48: Ja, also das kann ich verstehen und ich finde auch, dass es wichtig

00:32:50: ist, dass jeder diese Entscheidung trifft, aber es kann jeder in die

00:32:53: Situation kommen. Also bei mir war das ja auch mehr oder weniger

00:32:56: plötzlich, dass ich auf ein Spenderorgan angewiesen war und

00:32:59: es kann jeden treffen aus ganz verschiedenen Gründen und dann

00:33:03: sollte man sich dann schon irgendwie mal eine Platte drum gemacht

00:33:07: haben, weil wenn es drauf ankommt, wollen viele Organe und

00:33:09: das sind wir aber davon abhängig, dass auch viele bereit sind zu

00:33:12: spenden. Jetzt gehen wir in den Januar, das ist alles gar nicht

00:33:15: so weit her oder ist das in deiner Wahrnehmung schon ganz weit

00:33:18: weg? Also irgendwie ist es ganz weit weg in meiner Wahrnehmung,

00:33:21: also mancher muss ich mich daran erinnern, dass das erst in

00:33:24: Januar war, dass ich diesen doch größeren Eingriff hatte.

00:33:27: Ich bin sehr überrascht, dass ich so schnell wieder auf die Beine

00:33:29: gekommen bin und jetzt schon wieder Arbeite und Sport machen kann

00:33:32: und irgendwie mein Alltag wieder sehr normal geworden ist.

00:33:35: Und dazwischen war ja auch noch eine Reha. Also genau, Reha war

00:33:38: auch noch, so ein bisschen körperlich wieder fitter werden.

00:33:41: Das hat alles ganz gut funktioniert, lag sicher auch daran,

00:33:43: dass wir an der Müritz in der Reha waren. Da ist man dann nah am

00:33:47: Wasser und in der Natur und da geht das gesund werden noch mal

00:33:49: schneller. Wir haben überhaupt noch dich geredet über dein

00:33:52: Papa, wie du immer sagst, war dein Vater. Der war mit dir in

00:33:55: der Reha und ich habe den auch wahrgenommen. Ich habe mich

00:33:57: hier kennengelernt im Januar als gut ausgerüsteten Mann, der

00:34:01: irgendwie glaube ich, dass irgendwie vielleicht wegsteckt.

00:34:03: Wie geht es ihm heute? Sehr gut. Also der war ja glaube ich

00:34:05: insgesamt drei Tage nur nach dem Eingriff hier in der Klinik

00:34:08: ist danach entlassen worden. Er hat natürlich so ein paar

00:34:11: Wunschmerzen gehabt. Das war aber nach einer Woche auch wieder

00:34:14: vorbei und ich meine sogar, dass er zwei Wochen nach OP

00:34:16: schon wieder arbeiten gegangen ist. Also der ist auch sehr schnell

00:34:19: wieder auf die Beine gekommen und hat die Reha genutzt, um

00:34:24: nochmal so ein bisschen fitter zu werden, nochmal ein bisschen

00:34:26: zu entspannen und nochmal besser auf die Beine zu kommen.

00:34:30: Ja, okay. Ja, für ihn war das dann ja auch eine gute Einheit

00:34:33: irgendwie. Ja, irgendwie schon. Genau. Der steht jetzt aber

00:34:35: wieder ganz normal im Leben. Ja, also es hat sich nicht viel

00:34:38: verändert. Seine Narbe ist auch super klein. Das sieht man

00:34:40: gar nicht mehr so richtig. Also für ihr, er kommt mit einer

00:34:43: Niere bisher sehr gut klar. Sehr gut. Ist Sophie Schober

00:34:46: eigentlich so ein ganz typischer Fall? Wie gesagt, wir haben ja

00:34:49: gerade gesprochen, dass unsere typischen Empfänger eigentlich

00:34:51: über 50 Jahre alt sind. Von da ist absolut kein typischer Fall

00:34:54: und Leben in ihren Spenden ist auch jeweils kein typischer Fall,

00:34:58: weil ja die meisten Organtransformationen nach Postmord

00:35:01: Tadda Spende standfinden. Von daher ist es hier eine Ausnahme

00:35:03: oder eine besondere Situation, sagen wir mal. In die Leben,

00:35:05: in den Spenden ist immer eine besondere Situation. Aber

00:35:08: beim jüngeren Menschen definitiv nochmal mehr. Aber ich kann

00:35:11: mir vorstellen, so ein Fall macht auch für sie irgendwie

00:35:14: Mut. Es gibt doch irgendwie auch Kraft und Zuversicht,

00:35:16: solche Menschen dann irgendwie wieder so fit zu kriegen. Ja,

00:35:19: natürlich. Also es macht doch Freude zuzusehen, wenn jemand so

00:35:22: für Lebensqualität zurückgewind, wieder nicht nur in dem

00:35:25: Beruf, sondern in Gesellschaft und so weiter in Familien,

00:35:28: in denen eben integriert ist. Das ist doch ganz toll. Genau.

00:35:31: Wollen wir mal über die weiteren Aussichten sprechen. Ein

00:35:35: Organ, auch wenn es transplantiert ist, kann lange

00:35:38: halten, muss nicht immer lange halten. Woran, wovon hängt

00:35:41: das ab und was sind so die Aussichten? Ja, wir haben auf

00:35:44: der einen Seite natürlich Spenderkriterien, die eine Rolle

00:35:46: spielen. Auf der anderen Seite Empfängerkriterien. Bei

00:35:48: den Spenderkriterien leben die Entspende schon ganz gut,

00:35:51: weil die Spender ja in der Regel gesünder und jünger

00:35:55: sind als die nach einer, die eine Postmortale gespendete

00:35:58: Nieren spenden. Und wir haben eine so genannte kurze

00:36:02: kalte Chemiezeit. Das heißt, das Organ ist nur wenige Stunden

00:36:05: oder also in der Regel sehr kurze Zeit außerhalb eines

00:36:08: Körpers und das ist nie gut für einen Organ. Das ist bei

00:36:10: der verstorbenen Nierenspende ganz anders. Da müssen die zum

00:36:13: Teil lange Wege zurücklegen, die Nieren bevor die eingesetzt

00:36:16: werden können. Das Ganze ist keine Notfallsituation. Das

00:36:20: heißt, wir können unter sehr geplanten Bedingungen,

00:36:22: guten Voraussetzungen eigentlich in diese OP gehen. Das sind

00:36:26: so die Vorteile, sage ich mal, auf Spenderseite, auf der

00:36:29: Empfängerseite sind Erfolgskriterien zum Beispiel

00:36:32: gute Beeinstimmung zwischen Spender und Empfänger. Und

00:36:36: das ist bei der Verwandten Spende in der Regel, naja,

00:36:39: eine Vater und eine Tochter teilen ja 50 Prozent des

00:36:43: genetischen Materials. Also haben wir eine relativ gute oder

00:36:45: zumindest mal eine mittelgute Übereinstimmung. Das ist

00:36:48: da gegeben. Und dann gibt es weitere Voraussetzungen wie

00:36:51: zum Beispiel, wie hoch ist man immunisiert. Das heißt, wie

00:36:54: viel Abwehrstoffe hat man gegen menschliches Material

00:36:57: gebildet? Das ist ganz wichtig im Laufe des Lebens. Das heißt,

00:37:01: wenn man jetzt wenige Bluttransfusionen hatte, nicht

00:37:03: vortransplantiert ist, vielleicht nicht schwanger war,

00:37:06: dann sind das sehr gute Voraussetzungen von immunologischer

00:37:09: Seite. Dann gibt es natürlich noch Kriterien wie jüngeres

00:37:12: Alter ist immer erfolgreich, sowohl auf Spenderseite wie

00:37:15: auch auf Empfängerseite. Dann ist der Gesundheitszustand

00:37:18: einfach besser. Und Frau Schobart ja gerade auch gesagt, wie

00:37:21: schnell sie wieder fit war nach der Transfusion. Das gelingt

00:37:24: älteren definitiv nicht. Die brauchen doch etwas mehr Zeit,

00:37:27: um nachher wieder im Leben zu stehen. Dann haben wir so

00:37:31: Kriterien wie, was ist die Grunderkrankung? Also kann

00:37:34: die wiederkommen? Ganz entscheidend, wie komme ich mit den

00:37:36: Tabletten zurecht? Machen die Nebenwirkungen, kann ich die

00:37:39: zuverlässig einnehmen? Nehme ich meine Nachsorgetermine

00:37:42: wahr? Lass ich mich impfen? Da sind viele, sehr viele

00:37:46: Punkte, sag ich mal, die Einfluss haben auf das

00:37:48: Adventat überleben. Ja, mir so im Lebensatz gesagt,

00:37:50: Tabletten. Darüber haben wir auch noch nicht gesprochen.

00:37:52: Tatsächlich sind Tabletten jetzt inzwischen etwas, was du

00:37:55: täglich zu dir nimmst, weil das Organ sonst abgestoßen

00:37:58: würde. Ist so richtig, oder? Genau, also ich muss immun

00:38:01: suppressive Medikamente nehmen, die mir eben helfen,

00:38:03: das Organ möglichst nicht abzustoßen. Das ist eine

00:38:06: Sache, auf die man tatsächlich sehr penibel achten muss,

00:38:09: weil man so ein bisschen den Abstand zum Essen

00:38:11: einhalten muss, gerade morgens, und dass man die Tabletten

00:38:14: immer zur selben Zeit einnimmt, um eben so einen

00:38:17: guten Medikamentenspiegel zu halten. Okay, aber das ist

00:38:20: jetzt keine große Herausforderung, weil Tabletten

00:38:23: mich schon seit fast fünf Jahren begleiten. Von daher

00:38:26: ist das nicht so eine große Umstellung. Wie sind deine

00:38:30: persönlichen weiteren Pläne? Also ich habe mir ganz

00:38:33: fest vorgenommen, diese Bonuszeit, die man, die ich

00:38:35: jetzt bekommen habe, so gut es geht zu nutzen und wirklich

00:38:38: nur noch Sachen zu machen, die mir gut tun und auf die

00:38:41: ich Lust habe und auch ganz bewusst Pausen einzulegen.

00:38:44: Ich glaube, das geht im Alltag bei ganz vielen Menschen

00:38:46: unter und da will ich mir jetzt mehr dazu zwingen,

00:38:49: auch mal eine Auszeit zu nehmen und mich wirklich

00:38:51: nur noch mit Dingen zu beschäftigen, auf die ich

00:38:53: Lust habe, weil ich ja nicht weiß, wie lange dieser

00:38:55: Zustand, in dem es mir jetzt so gut geht, anhält.

00:38:57: Das kann ganz lange sein, das kann aber auch in

00:38:59: dem Jahr schon ganz anders aussehen. Hast du einen

00:39:02: Appell für Menschen, die sich mit dem Thema

00:39:05: Organspende bisher überhaupt noch nicht beschäftigt

00:39:07: haben? Was wäre so dein Wunsch an alle? Also ich

00:39:10: würde mir natürlich wünschen, dass wir uns als

00:39:11: Gesellschaft da viel mehr Gedanken zu machen,

00:39:14: was ich schon gesagt habe. Also, dass jeder kann

00:39:16: in diese Situation kommen, es kann auch jeder in

00:39:18: die Situation kommen, dass ein nahestehender Mensch

00:39:20: eine Organspende braucht und ich glaube, man sollte

00:39:24: sich da in ruhigen Zeiten Gedanken dazu machen

00:39:26: und nicht, wenn es zu einem Ernstfall kommt, das

00:39:29: würde ich mir sehr wünschen. Politisch gesehen

00:39:31: müsste sich da einiges ändern, Sie haben

00:39:33: angedeutet, das ist mit dem Untergang der alten

00:39:36: Koalition jetzt nochmal irgendwie neu, dass es

00:39:38: geregelt werden muss. Haben Sie klare Vorstellungen,

00:39:42: wie politisch das geregelt werden sollte, dass wir

00:39:44: mehr Organe haben in Deutschland? Ja, ich glaube,

00:39:47: das sind verschiedene Prozesse notwendig. Also

00:39:50: wir müssen einmal unterscheiden Thema Organspende.

00:39:53: Das ist im weitesten Sinne Entscheidungslösung.

00:39:56: Schaffen wir vielleicht eine verbindliche

00:39:58: Entscheidungslösung, was sicherlich gut wäre,

00:40:00: können wir eine Widerspruchslösung einführen,

00:40:03: was die Alternative wäre. Ich glaube, das muss

00:40:06: rechtlich ethisch, politisch einmal geklärt

00:40:10: werden. Da würde ich mir ein System wünschen,

00:40:13: was eben eine Entscheidung zu Lebzeiten

00:40:15: herbeiführt, sodass eben nicht im Todesfall

00:40:18: die Angehörigen entscheiden müssen, weil wir

00:40:20: häufig vor die Situation gestellt sind, dass die

00:40:22: Verstorbenen die Entscheidung nicht selbst

00:40:24: getroffen haben, obwohl die Zustimmung in der

00:40:26: Bevölkerung sehr hoch ist zur Organspende, 80%

00:40:29: und mehr befürworten das, haben ja letztlich

00:40:31: nur ein Drittel ungefähr die Entscheidung zu

00:40:33: Lebzeiten getroffen. Das heißt, hier müssen

00:40:36: die Angehörigen in der Todesituation dann

00:40:38: diese schwierige Entscheidung übernehmen.

00:40:41: Das ist einmal die Organspendeseite auf der

00:40:43: Empfängerseite, sozusagen muss das

00:40:44: Transpandationsgesetz sollte in meinen Augen

00:40:47: liberalisiert werden. Es ist so, dass die

00:40:50: Gesetzesnovelle, die angedacht war, schon

00:40:52: mehrere Möglichkeiten der Lebendnihentspende

00:40:55: vorsah, zum Beispiel die Überkreuz-

00:40:57: Lebendnihentspende, die ermöglicht werden sollte.

00:40:58: Das heißt, wir müssen unser Portfolio,

00:41:00: unser Angebotsmöglichkeiten erweitern und

00:41:03: das war da sehr gut zumindest aufgenommen

00:41:05: worden. Das wäre ein wichtiger Schritt in

00:41:08: die richtige Richtung, um hier möglichst

00:41:10: doch vielen Menschen zu einem neuen

00:41:12: Organ verhelfen zu können.

00:41:14: Okay, danke für die Zusammenfassung.

00:41:16: Wir haben noch einen Punkt, den wir immer

00:41:18: haben. Ich leg den jetzt mal zusammen mit

00:41:20: den Fragen aus der Community, die sonst

00:41:22: immer fehlier macht, die aber heute nicht

00:41:24: hier ist. Und zwar reden wir jetzt über

00:41:26: Mythos oder Fakt.

00:41:28: Mythos oder Fakt? Der Check.

00:41:31: Viele Menschen glauben, dass junge Menschen

00:41:34: sich mit dem Thema Organspende ja nicht

00:41:36: auseinandersetzen müssen, weil die

00:41:37: betrifft das ja nicht. Sie haben ja gesagt,

00:41:39: es betrifft in der Regel, wenn sie Menschen

00:41:41: haben zur Transplantation, immer ältere.

00:41:44: Ist es deswegen trotzdem umgekehrt richtig

00:41:46: zu sagen, das betrifft junge Menschen nicht?

00:41:49: Ja, wir haben ja hier ein anderes Beispiel,

00:41:51: das heißt auch, jüngere Menschen können

00:41:53: betroffen sein und wir transplantieren

00:41:54: ja in Münster auch ungefähr zehn Kinder

00:41:56: jedes Jahr. Das heißt, auch in jungen

00:41:59: Lebensjahren kann ein Schicksalsschlag

00:42:01: jemanden ereilen und er ist noch auf

00:42:03: ein Organesatz angewiesen.

00:42:07: Die Niere ist ein besonderes Organ, habe

00:42:08: ich schon eingangs gesagt, davon gibt es

00:42:10: nämlich zwei und deswegen ist uns

00:42:12: begegnet, das Vorurteil würde ich jetzt

00:42:14: fast sagen, dass das natürlich gegenüber

00:42:16: Menschen, die jetzt eine Leber, ein Herz

00:42:18: oder ähnliches brauchen, ein relatives

00:42:21: Glück, fast in Anführungsstrichen ist,

00:42:23: eben weil es die lebenden Niere-

00:42:24: Spende gibt. Wie ist da ihre Sicht so drauf?

00:42:26: Zum einen können wir natürlich doppelt

00:42:28: zu viele Menschen auch nach

00:42:29: Postmortallerspende mit einem Organ

00:42:31: versorgen. Natürlich jeder Spender kann

00:42:33: zwei Empfängern helfen, was eine

00:42:37: Besonderheit ist und natürlich ist es so,

00:42:39: dass im Rahmen der lebenden

00:42:41: Spende auch geholfen werden kann. Das ist

00:42:42: schon eine besondere Situation, ganz

00:42:44: klar. Auch begegnet ist uns dieses Urteil,

00:42:49: dass man sagt, na ja, ich weiß gar nicht,

00:42:50: ob ich für eine lebenden Niere-

00:42:51: Spende als Spender zur Verfügung

00:42:53: stehen würde, weil mir droht ja

00:42:54: vielleicht selber eine gesundheitliche

00:42:56: Einschränkung bis hin zu chronischer

00:42:58: Fatigue. Grundsätzlich sind Gefahren damit

00:43:00: verbunden, klar, es ist eine Operation,

00:43:02: die ist zwar sicher, aber natürlich kann

00:43:04: man Folgen von einer Operation erleiden.

00:43:06: Das kann sein, dass man ein Blutgerinsel

00:43:09: bekommt, dass man eine lungateren

00:43:10: Embolie und so weiter bekommt. Das ist

00:43:12: eine ganz normale in Anführungszeichen

00:43:13: Operationsrisiken, obwohl in dieser

00:43:15: Situation man sagen muss, es ist keine

00:43:17: normale Operation, weil es ja kein Heil

00:43:18: Eingriff ist für denjenigen, dem die Niere

00:43:20: entnommen wird. Das heißt, dass da sind

00:43:22: auch mal ganz besondere Voraussetzungen

00:43:24: müssen erfüllt sein und die Hürden

00:43:25: sind besonders hoch in diesem Fall.

00:43:28: Ja, also mit einer Niere kann man gut

00:43:32: leben, wenn keine Komplikationen

00:43:34: eintreten. Das ist so und natürlich muss

00:43:36: man über die Risiken aufklären und die

00:43:38: Aufklärung beinhaltet auch eine

00:43:40: Abschätzung der Risiken. Das heißt,

00:43:41: jemand, der vielleicht psychisch nicht

00:43:44: besonders widerstandsfähig ist oder

00:43:45: bei dem die Gefahr droht, dass so ein

00:43:47: chronisches Müdigkeit-Synom auftritt,

00:43:49: der ist wahrscheinlich nicht der

00:43:50: geeignete Kandidat für die

00:43:52: Lebendniere-Spender.

00:43:54: Danke an Sie beide, an dich, Sophie, an

00:43:57: meine tollen Gäste. Vielen Dank.

00:43:58: Ihr habt hoffentlich da draußen was

00:44:00: mitnehmen können und vielleicht macht

00:44:02: ihr euch jetzt ganz konkret mal Gedanken,

00:44:05: ob ihr Organspender werden wollt oder

00:44:07: nicht. Und bitte macht euch nicht nur

00:44:09: Gedanken, denn dabei bleibt es

00:44:10: erfahrungsgemäß dann auch manchmal,

00:44:12: sondern tut am besten auch noch was,

00:44:14: also holt euch den Organspenderausweis,

00:44:17: wo ihr den bekommt, das sagen wir euch

00:44:19: in den Show notes unten. Da stehen

00:44:21: auch noch andere wertvolle Tipps und die

00:44:23: Geschichte von Sophie, die erzielt sie

00:44:25: da unten auch nochmal selbst auf unserer

00:44:26: Kampagnenseite auf der UKM-Webseite,

00:44:29: auch die ist da unten verlinkt.

00:44:31: Danke an Professor Stefan Reuter und Sophie

00:44:33: Schober. Sophie, alles Gute für dich und

00:44:35: es war toll, dass du uns hast teilnehmen

00:44:37: lassen.

00:44:38: Wäre super, wenn du irgendwann noch mal

00:44:40: vorbeikommst und uns wissen ließ es,

00:44:42: wie es dir so weiter ergeht.

00:44:44: Und wir freuen uns, wenn ihr uns wieder

00:44:46: zuhört. Beim nächsten Mal sind Felia und

00:44:48: ich wieder zusammen im Boot oder sagen

00:44:50: wir besser zusammen im Zahnarztstuhl.

00:44:53: Da nimmt nämlich Fachzahnärztin

00:44:55: Dr. Inga Haags mal unsere Gebisse in

00:44:57: Augenschein. Sie ist Oberärztin in der

00:45:00: Polyklinik für Parodontologie und

00:45:01: Zahnerhaltung und wer Angst vom Zahnarzt

00:45:04: hat, rührt einfach rein und danach

00:45:06: gibt es dann hoffentlich kein Problem

00:45:08: mehr. Das würde ich jedenfalls hoffen.

00:45:09: Bis dahin abonniert ihr uns und lasst

00:45:11: ein Like da für diese und auch für

00:45:13: andere Folgen. Bis dann, habt einen

00:45:16: schönen Juni und bis Juli.

00:45:18: [Musik]

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